Suunto Vertical Test: Grandiose Akkulaufzeit und Offline-Karten
Suunto hat vor kurzem mit der Vertical eine neue Sportuhr auf den Markt gebracht. Neben Outdoor-Karten bietet diese richtig lange Akkulaufzeiten, insbesondere dann, wenn die Sonne scheint. Ich konnte mir die Uhr im Detail anschauen und für euch testen.
Unboxing
Für ein Premium-Modell kommt die Suunto Vertical in einer recht kleinen Verpackung daher. In dem kleinem Karton befinden sich neben der Suunto Vertical das USB-Ladekabel, das an einem Ende einen USB-A-Stecker, am anderen Ende eine proprietäre, magnetische Ladeschale besitzt.
Auf das obligatorische Papierwerk kann auch Suunto nicht verzichten, auch wenn beim Hersteller das Bewusstsein vorhanden sein dürfte, dass dort niemand wirklich reinschaut.
Überraschungen hält die Verpackungen nicht bereit. Die dritte Armbandhälfte, die die Suunto Vertical auch für stärkere Handgelenke passend macht, gehört im Premium-Segment mittlerweile zum guten Ton. Das für den Test bereitgestellte Modell hat die diese allerdings vermissen lassen.
Design & Verarbeitung
Bei der Suunto Vertical muss zwischen dem Standard-Modell und der Variante mit Solar-Technologie unterschieden werden. Mich hat für den Test die Vertical Solar erreicht. Unschwer ist der ca. 3 mm breiten Solarrand zu erkennen, der das Display umgibt.
In heller Umgebung ist die Solarfläche gut auszumachen und schimmert grün-grau. Ray Maker schreibt in seinem Testbericht von einem rot-braunem Erscheinungsbild, u.U. verbaut Suunto Solar-Panele unterschiedlicher Hersteller.
In nicht ganz so lichten Situationen wirkt der Solarrand anthrazitfarben und unterscheidet sich weniger deutlich vom Display.
Abgesehen vom verbauten Solarrand und der Titan-Lünette, die exklusiv nur die Solar-Variante bietet, gleichen sich Solar- und Standard-Modell. Beide fallen mit 49 x 49 mm recht groß aus, aber irgendwo wollen das 1,4-Zoll-Display und die Solarfläche ja verbaut werden. Gleichzeitig versucht sich die Suunto Vertical mit 13,9 mm Tiefe auch nicht zu verstecken.
Wer die Vertical am Handgelenk trägt, der setzt auch optisch ein Statement. Das wissen die zahlreichen bunten Armbänder aus Silikon nur zu unterstreichen.
Weil es sich um Armbänder mit einer Standardbreite von 22 mm handelt, die mittels Springsteg an der Uhr befestigt sind, steht dem Wechsel zu beliebigen Dritt-Herstellern nichts im Wege.
Mit 86 Gramm gehört die Vertical nicht mehr zu den Fliegengewichten. Es ist vielmehr eine angenehme Schwere, die sich am Handgelenk breitmacht. Trotz der 86 Gramm ist die Suunto Vertical beim Ausdauersport nicht störend.
Die Verarbeitung ist sehr gut und ohne Beanstandung. Etwas anderes darf man in dem Segment und für den Preis jedoch auch nicht erwarten.
Display
Mit 1,4 Zoll hat das Display gegenüber dem 1,2-Zoll-Display der Suunto 9 Peak Pro deutlich an Größe gewonnen. Dank des größeren Displays wächst die Auflösung auf 280 x 280 Pixel. Die Pixeldichte bleibt jedoch bei 200 PPI, was aktuell offenbar das Maß der Dinge bei transflektiven MIP-Display ist.
Dass Suunto sich für ein transflektives Display entschieden hat, tut dem Produkt gut. Klar gibt es auch Rufe nach hochauflösenden AMOLED-Displays. Für den Einsatz unter freiem Himmel, mit stets aktivem Display und überragenden Akkulaufzeiten führt aktuell kein Weg an transflektiven Displays vorbei.
Dank der Hintergrundbeleuchtung ist das Display selbst in dunkler Umgebung gut abzulesen, es verschieben sich die Farben aber leicht ins Blau-Weiße.
Im Allgemeinen sind die Schriften recht groß gehalten. Dadurch profitiert unmittelbar die Ablesbarkeit. Aber selbst kleinere Texte lassen sich problemlos erfassen.
Was der Suunto Vertical fehlt, ist die Unterstützung von Emojis. Und das meint nicht, dass nur ein paar exotische Symbole fehlen. Emojis scheinen der Suunto Vertical gänzlich fremd zu sein.
Weil Emojis mittlerweile nicht nur in Messengern, sondern häufig auch in E-Mails genutzt werden, macht sich das Fehlen durchaus bemerkbar, denn statt des kleinen Bildchens stellt die Vertical das Zeichen als leeres Rechteck dar.
Watchfaces
Unterschiedliche Watchfaces bzw. Ziffernblätter zählen mittlerweile zum Standard-Repertoire von Smartwatches, aber auch Sportuhren. Auch die Vertical bietet neun verschiedene Watchfaces, keines von denen haut mich aber vom Hocker.
Rund die Hälfte wirkt zeitlos und damit gut nutzbar, der Rest hinterlässt bei mir einen etwas altbackenen Eindruck. Ein wenig erinnert das Gebotene an die Watchfaces von Polars Sportuhren: Form folgt Funktion – da ist die Möglichkeit des Anpassens der Akzentfarbe nur ein schwacher Trost.
Immerhin erlaubt Suunto die Darstellung auch mit einem weißen Hintergrund. Das macht zwar den doch recht breiten Displayrand sichtbarer, erlaubt aber eben auch eine Darstellung, die von vielen gewünscht ist.
Auf dem Watchface sind neben der Uhrzeit häufig weitere Angaben zu finden, u.a. der Akkustand, die Anzahl der Schritte usw. Das Auswechseln der kleinen Zusatzinformationen (aka „Complications“) erfolgt am lebenden Objekt, d.h. man tippt auf dem Watchface einfach auf eines der Icons, um es zu wechseln. Dabei schaltet man von einem Wert zum Nächsten. Eine direkte Auswahl ist nicht möglich.
Bedienung
Bei der Bedienung der Vertical setzt Suunto wie mittlerweile Hersteller auf einen kombinierten Ansatz bestehend aus Touch-Display und Buttons.
Auf Tipp- und Wischgesten reagiert das Display ein wenig träge aber immer zuverlässig. Weil bei der Bedienung per Touch schnell Schlieren und Fingerabdrücke auf dem Display zu finden sind, nutze ich meist die drei Buttons.
Die Bedienung ist schnell erlernt und orientiert sich an bestehenden Modellen: Mit dem oberen bzw. unteren Button kann man durch Ansichten und Menüs navigieren. Ein Druck auf den mittleren Button wählt die angezeigte Funktion aus.
Befindet man sich auf dem Watchface, ruft der obere Button das Sportmenü zum Starten von Aktivitäten auf. Der untere Knopf ruft das Hauptmenü auf, während der mittlere Knopf die einzelnen Widgets durchschaltet.
Um in den Menüs einen Schritt zurückzugelangen hilft eine Wischgeste nach rechts, alternativ auch das lange Gedrückthalten des mittleren Knopfes. Weil man doch einen Moment warten muss, ist das Zurückspringen per Button mitunter störend. Hier würde die Vertical vom bekannten 5-Button-Design profitieren, welches für das Zurückspringen meist einen eigenen Knopf reserviert.
Widgets
Bei den Widgets handelt es sich um Detailansichten, die ausgehend vom Watchface erreicht werden können. Suunto bietet auf der Vertical folgende Widgets an:
- Benachrichtigungen
- Herzfrequenz
- Blutsauerstoffsättigung
- Aktivität
- Schlafen
- Training
- Ressourcen
- Fitnessniveau
- Outdoor
- Timer
- Kompass
- Mediensteuerung
- Sonne und Mond
- Wetter
- Solar (nur Suunto Vertical Solar)
Die Widget bieten einen schnellen Überblick über einzelne Aspekte an. Befindet man sich auf einem Widget kann man meist auch nach unten scrollen, um detailliertere Informationen aufzurufen (hier einmal am Beispiel der Aktivitäten des Tages).
Wer nur einen Teil der Ansichten benötigt, kann die nicht benötigte Widgets über die Einstellungen der Uhr bzw. die Suunto App deaktivieren. Auch die Reihenfolge lässt sich nach Belieben verändern.
Funktionen
Suunto konzentriert sich bei der Vertical vornehmlich auf die sportlichen Funktionen, die somit den größten Teil des Funktionsumfangs ausmachen. Schauen wir uns dennoch einmal beide Kategorien genauer an.
Funktionen im Alltag
Wer eine Uhr mit vielen Helferlein für den Alltag sucht, der könnte an der Suunto Vertical etwas vermissen. Die angebotenen Funktionen beschränken sich auf:
- Benachrichtigungen
- Wetter
- Stoppuhr / Timer
- Mediensteuerung
- Alarme
- Taschenlampe
Das ist solide, aber mehr auch nicht. Ich möchte es aber nicht einfach so stehenlassen und es bedarf einer Einordnung: Suunto hat sich bei der Uhr auf die sportlichen Aspekte fokussiert und das mit Erfolg. Ein Spagat zwischen Smartwatch und Sportuhr wird mit der Vertical gar nicht angestrebt. Daran tut Suunto gut, denn der Wettbewerb wäre um einiges größer.
Und dennoch hätte ich mir ein bisschen mehr Tatkraft bei der Umsetzung der Benachrichtigungen gewünscht. Wenn man ein Feature anbietet, dann gerne auch vollständig und den Benachrichtigungen mangelt es einfach an der eingangs genannten Unterstützung von Emojis.
Beim Thema „Medienwiedergabe“ sei noch einmal explizit darauf hingewiesen, dass die Vertical aktuell keine Speicherung und Wiedergabe von Musik direkt auf bzw. vom Gerät erlaubt. Bei 32 GB wäre Speicherplatz zwar ausreichend vorhanden, allein er kann dafür nicht genutzt werden. Offenbar erlaubt der verbaute Chipsatz zwar die Dekodierung von medialen Inhalten, nützen tut es einem momentan aber nichts.
Als kleine Fernbedienung für den Medienplayer auf dem Smartphone funktioniert die Mediensteuerung jedoch problemlos.
Funktionen beim Sport
Die wahre Stärke der Suunto Vertical liegt in ihren sportlichen Fähigkeiten bzw. in der Begleitung und Vermessung sportlicher Aktivitäten. Entsprechend schnell lässt sich das Sportmenü durch Drücken des oberen Buttons öffnen.
Im Sportmenü finden sich unzählige, vorgefertigte Sportprofile, aus denen man sich den passenden Sport aussuchen kann.
Einmal ausgewählt lassen sich weitere Einstellungen vornehmen, die fortan in diesem Sportprofil hinterlegt sind. Dazu gehören
- Batteriemodus
- Navigation
- Brotkrümel
- POIs
- Routen
- Peilung
- Route folgen
- Kompass
- Karte
- Outdoor
- Hoher Kontrast
- Dunkel
- SuuntoPlus
- Sport Apps (max. 2)
- Guides (Workouts)
- Zonen
- HR (Zielzone definieren)
- Schritttempo
- Ziel
- Dauer
- Distanz
- Intervalle
- Wiederholungen
- Intervall
- Erholung
Zudem finden sich weitere Einstellungen, u.a. zur Verwendung hellen oder dunklen Hintergrunds, Auto-Lap und Auto-Stopp, sowie zur Sprachausgabe.
Auch bei der Sprachwiedergabe ist ein bisschen Aufklärungsarbeit zu leisten: Anders als man meinen könnte, sorgt nicht die Suunto Vertical direkt für die Wiedergabe von Metriken auf per Bluetooth gekoppelten Kopfhörern. Das erledigt die App – die Uhr erlaubt hingegen nur die Kopplung mit Sport-Sensoren.
Bevor es losgeht tut man gut daran, auf ein stabiles GNSS-Signal zu warten. Suunto gehört mit der Vertical zu den schnellen Vertretern. Innerhalb kurzer Zeit ist der Satfix da und es kann auf Knopfdruck losgehen.
Während der Aufzeichnung
Während der Aufzeichnung ist die Unterstützung von Touch normalerweise deaktiviert. Das lässt sich zwar ändern, ich sehe darin aber wenig Nutzen. Deutlich sicherer und schneller ist man mit der Bedienung per Tasten am Ziel.
Mit der mittleren Taste kann zwischen den verschiedenen Datenseiten, der Kartenansicht bzw. den SuuntoPlus Apps gewechselt werden. Die Fotos stammen aus dem Büro, denn ich bekomme es weiterhin nicht hin, tolle Fotos direkt beim Sport zu machen. Zudem fehlt mir die emotionale Kraft, für ein Foto anzuhalten, das Foto zu machen und dann wieder loszulaufen.
Die Sportuhr nimmt eigenständig Rundenzeiten. Eigene Rundenzeiten können durch Drücken der unteren Taste genommen werden.
Ein Druck auf die oberen Taste erlaubt die Aufzeichnung zu pausieren und im Anschluss fortzusetzen oder zu beenden. Es können aber auch die eingangs genannten Optionen des gewählten Sportprofils noch während der Aufzeichnung geändert werden.
Hier findet sich auf die Möglichkeit eine Aufzeichnung in die Rundablage zu packen.
Nach der Aufzeichnung
Direkt nach der Aufzeichnung – notfalls auch später über das Logbuch – lässt sich die Aufzeichnung im Detail anschauen.
In der App stehen die Ergebnisse ein wenig detaillierter und dank des größeren Displays von Smartphone oder Tablet übersichtlicher zur Verfügung.
Sportprofile und Datenseiten
Gehen wir noch einmal einen Schritt zurück zu Sportprofilen und Datenseiten, die sich innerhalb von Sportprofilen definieren lassen.
Wer in einem Sportprofil die bestehenden Datenseiten ergänzen oder verändern möchte, der muss ein bestehendes Profil zunächst kopieren und in dem neuen Profil die gewünschten Einstellungen vornehmen. Das hat zur Folge, dass es z.B. zwei Profile für das Laufen gibt.
Bei den Datenseiten stehen Ansichten mit
- 3 – 7 Datenfeldern
- grafischen Charts
- tabellarischen Übersichten
- Intensitätszonen
- Intervallen
- Navigarion
zur Verfügung.
Auch die grafischen Charts beinhalten neben der Grafik zwei Datenfeldern (jeweils ober- und unterhalb des Charts).
Mehr als drei Datenseiten lassen sich nicht konfigurieren. Eine vierte Datenseite ist für die Kartenansicht bei Outdoor-Sportarten reserviert und kann nicht entfernt werden. Bei Sportarten, die ohne Navigation und Karten auskommen, fehlt die vierte Datenseite komplett.
In der Praxis sehe ich darin keine Beschränkung, denn wer es braucht, der bekommt insgesamt 21 Werte auf drei Datenseiten unter. Mir würde während des Sports die notwendige Aufmerksamkeit und Ruhe fehlen, mich mit derart vielen Werten auseinanderzusetzen.
Navigation
Ich muss zugeben, dass das Ausprobieren der Karten- und Navigationsfunktionen der Suunto Vertical mit am meisten Spaß gemacht haben. Das liegt vielleicht auch daran, dass mich Sportuhren mit Kartenmaterial eher selten erreichen.
Kurzum: Die Suunto Vertical unterstützt Offline-Karten, die kostenlos über die App via WLAN auf die Uhr geladen werden können.
Die Auswahl von Karten / Regionen in der App ist hervorragend umgesetzt. Dank der Sortierung nach Ländern, Regionen und Städten erlaubt schnell das passende Datenmaterial ausfindig zu machen. Die ausgewählten Karten landen anschließend in der Download-Warteschlange der Uhr.
Erst wenn diese am Ladekabel hängt und mit einem WLAN verbunden ist, startet der Download automatisch.
Die Karten werden immer in den Varianten
- Hoher Kontrast
- Outdoor
- Dunkel
heruntergeladen und stehen anschließend auf der Uhr zur Verfügung.
Zoom-Stufen bietet die Vertical bei 25, 50, 100, 200 und 500 Metern an. Für den Gebrauch beim Laufen bin ich am besten mit der Stufe „50 Meter“ ausgekommen. Beim Radsport, montiert am Lenker, mögen die kleineren Maßstäbe sinnvoller sein. Für den kleinsten Maßstab habe ich keine Verwendung gefunden.
Die Suunto Vertical gehört zu den Produkten, die zwar Kartenmaterial nutzen können, dessen Inhalt aber nicht verstehen. Das klingt vielleicht merkwürdig, bedeutet aber schlichtweg, dass Karten für die Vertical nicht mehr als Bilder sind. Diese „Bilder“ werden entsprechend der GPS-Position der Uhr an die richtige Stelle geschoben und angezeigt.
Die Inhalte der Karten, z.B. Straßen, Flüsse und Radwege kennt die Vertical nicht und kann sie somit auch nicht für die Navigation oder eigenständige Berechnung von Routen nutzen.
Routen die vorab über die App auf die Uhr gelangt sind, werden jedoch auf das Kartenmaterial projiziert und so entsteht der Eindruck, die Routen orientieren sich an Straßen und Wegen.
Erstellung von Routen
Erstellen lassen sich Routen am besten über die Suunto App oder Drittanbieter, wie z.B. Komoot. Von den Drittanbietern gelangen sie per GPX-Export / -Import in die Suunto App und von dort auf die Uhr.
Noch leichter geht es per Kopplung der Suunto App mit dem eigenen Komoot-Konto – dann nämlich erscheinen die in Komoot gepflegten Routen wie von Geisterhand automatisch in der App. Damit sie sich auch auf der Uhr wiederfinden, muss in der App noch ein kleiner Haken gesetzt werden.
Hat man einer Aktivität über die Optionen eine Route hinzugefügt, zeigt die blaue Linie den geplanten, die rote Linie den tatsächlich zurückgelegten Weg an.
Sind in der Route „Abbiegehinweise“ hinterlegt, werden diese auf der Uhr angezeigt. Das funktioniert gut, bietet gleichzeitig aber Luft nach oben.
Ich will es erklären:
Die Uhr informiert über eine bevorstehende Richtungsänderung, kurz bevor der aktuelle Abschnitt. Es ist aber nicht der kommende Richtungswechsel gemeint, sondern der darauffolgende.
Die Grafik soll es ein wenig illustrieren: Noch bevor man den nächsten Abzweig nimmt, wird schon über den darauffolgenden (ggf. noch viele Meter entfernte) Abzweig informiert. Das wird insbesondere dann zur Herausforderung, wenn viele Richtungswechsel hintereinander anstehen. Die Uhr summt und brummt dann und es fällt hin und wieder schwer den Überblick zu behalten. Helfen würde definitiv ein Hinweis á la „Gleich links abbiegen, nächster Abzweig in 350 m rechts“.
Beim Erstellen von Routen lohnt es sehr genau hinzuschauen, wie in der App die Route gelegt ist. Manchmal fabriziert die App beim Anlegen von Wegpunkten nämlich kleine „Umwege“, die nur auf hoher Zoomstufe zu sehen sind. Die Route läuft somit ein paar Meter in eine Straße hinein, kehrt dann um 180° um und folgt dann dem eigentlichen Ziel.
Das hat zur Folge, dass die Richtungswechsel komplett verkehrt sind. Auf einer Tour waren 80 Prozent der Hinweise einfach spiegelverkehrt – nicht die Schuld der Uhr, sondern der Route, in letzter Instanz die des Erstellers.
Konnektivität
Die Suunto Vertical kann mit externen Sensoren gekoppelt werden, jedoch jeweils nur mit einem Sensor aus den folgenden Kategorien:
- HR-Sensor
- Bike Pod
- Power Pod
- Foot Pod
Problemlos hat sie sich mit allem angefreundet, was hier so in meinen Schubladen und Karton zu finden ist, darunter viele HR-Brustgurte und der Stryd-Sensor.
Die Informationen zu den Sensoren vor und nach der Kopplung sind mir zu sparsam. Weder ein Name noch eine ID lassen sich erkennen. Auch das Zuordnen eines Namens nach dem Koppeln ist nicht möglich. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wenn man im Startbereich eines Laufes noch mal eben schnell einen Sensor koppeln möchte.
Die einzige Information die bleibt ist, dass die Sportuhr mit einem Sensor gekoppelt ist. Die Kommunikation beschränkt sich auf Bluetooth, denn ANT+ wird von der Vertical nicht unterstützt. Mittlerweile ist das in meinen Augen aber keine Einschränkung mehr.
Genauigkeit von GNSS-Aufzeichnungen
Schauen wir uns einmal die Genauigkeit der Positionsbestimmung der Suunto Vertical an. Offiziell unterstützt die Uhr folgende Satellitensysteme:
- GPS
- GLONASS
- GALILEO
- QZSS
- BEIDOU
Das ist zwar „nur“ Branchenstandard, die Uhr unterstützt aber die gleichzeitige Nutzung mehrerer System und zusätzlich auch noch die GPS-Frequenzbänder L1 und L5 (Multi-Band / Dual-Band). In herausfordernden Situationen soll dies für das notwendige Maß an Genauigkeit sorgen.
Nach langer Verletzungspause habe ich mich mit der Vertical und ein paar anderen (teilweise auch in die Jahre gekommenen) Sportuhren auf den Weg gemacht und geschaut, wie das Produkt auf Finnland abschneidet.
Die Strecken haben von fast allem etwas zu bieten: offene Strecken am Feld mit freiem Blick in den Himmel, Abschnitte durch den Wald mit vielen Bäumen und Laub und Straßen mit Bebauung links und rechts.
Auf die Startschwierigkeiten von Polar Vantage V2 und Garmin Forerunner 245 möchte ich an dieser Stelle nicht im Detail eingehen. Keine Frage, dass sieht nicht gut aus. Es finden sich aber immer wieder Konstellationen, an denen es dem ein oder anderen Produkt sehr ähnlich geht.
Und es soll nicht verschwiegen werden, dass die Suunto Vertical sich zu Beginn der Aufzeichnung in Nachbars Vorgang wähnt…
Bei genauerer Betrachtung zeigen sich die Vorzüge von Multiband-GPS und dem generell sehr guten GNSS-Fähigkeiten der Vertical.
Zwar wirkt es so, als ob ich mit der Vertical durch die Vorgärten gelaufen bin und doch ist die Vertical „spot on“. In dieser Straße verläuft ein kleiner Fußweg direkt vor den Häusern, dann kommt der breite Grün- bzw. Parkstreifen und erst dann die Straße. Die Aufzeichnung passt also genau zum Geschehen. Die anderen Uhren – wollte man es positiv ausdrücken – liefern viel Raum für Interpretation.
Es gibt aber auch Abschnitte bei denen die Konkurrenz wieder aufschließt. Unterm Strich zeigt die Suunto Vertical die konstanteste Leistung.
Neuer Tag, neuer Versuch. Schaut man von weit oben auf die aufgezeichneten Strecken, dann liegen auch hier alle Uhren dicht beieinander. Die Spreu trennt sich erst vom Weizen, wenn man ein bisschen genauer hinschaut.
Hier kann der Suunto Vertical so schnell keiner etwas vormachen. Am ehesten ist es noch die Polar Grit X Pro, die in den meisten Situationen eine Leistung auf Augenhöhe bietet.
Die sehr gute Leistung kann die Suunto Vertical problemlos wiederholen. In der aufgezeichneten Strecke lässt sich ohne Schwierigkeiten sowohl die Straßenseite erkennen, als auch Querungen der Straße. Wirkliche Ausreißer leistet sich die Vertical nicht.
Insgesamt scheint es der Vertical egal zu sein, ob sie im Wald, auf dem offenen Feld oder zwischen Häusern unterwegs ist.
So richtig herausfordernde Situationen gibt es hier in der direkten Umgebung nicht. Ich würde es mal als das ansehen, was den meisten Läufern und Radsportlern begegnen dürfte.
Um die Vertical ein bisschen zu fordern, habe ich mit ihr die Gegend rund um den Potsdamer Platz in Berlin erkundet. Hier ragen die Häuser schon recht hoch auf, die Straße sind mitunter eng und der Blick in den freien Himmel nicht immer gegeben.
Das sieht alles sehr wild aus und ich hab mir auf Twitter durchaus anhören dürfen, dass das totaler Unfug sei, was dort auf der Karte zu sehen sei. Erst die Screenshots aus den Plattformen der Hersteller hat dann für ausreichend Überzeugung gesorgt. Natürlich ist es Unfug, aber eben auch das, was die Uhren aufgezeichnet haben.
Fairerweise sind mit Garmin Forerunner 245, Coros Pace 2 und Polar Grit X Pro Uhren mit dabei, die alle keinen Multiband-Support bieten. Immerhin hat mich mit der Cheetah Pro von Amazfit eine sehr aktuelle Sportuhr mit Multiband-Support begleitet.
Um ein bisschen für Klarheit zu sorgen, habe ich die Route wie sie geplant war, wie sie spontan geändert werden musste und was letztendlich von der Vertical aufgezeichnet wurde in folgender Karte zusammengefasst.
Es steht außer Frage, dass auch die Suunto Vertical im Test mit den Herausforderungen zu kämpfen hatte, sie aber verhältnismäßig gut gemeistert hat. Auch wenn die aufgezeichnete Strecke die eines torkelnden Piraten gleicht, die Hinweise auf einen Richtungswechsel sind immer zur rechten Zeit gekommen.
Selbst die Amazfit Cheetah Pro, die recht stark mit der hohen Präzision der Standortbestimmung wirbt, muss sich hinter der Vertical einreihen.
Einen direkten Vergleich mit den Dualband-Modellen von Garmin und Coros bzw. der Apple Watch Ultra kann ich momentan leider nicht anbieten.
Ungeachtet dessen bietet die Vertical eine sehr, sehr ordentliche Leistung bei der Positionsbestimmung und der Routenführung ist.
Genauigkeit von Herzfrequenz-Messungen
Auch wenn die Anzahl der Charts form- und verletzungsbedingt gering ausfällt, so glaube ich doch, dass sie ein guten Eindruck von der Leistung der Uhr vermitteln.
In erster Linie muss sich die Suunto Vertical gegen den HR-Brustgurt H10 von Polar beweisen. Der Vergleich ist zwar nicht ganz fair, aber der Polar H10 gilt weiterhin als der Gold-Standard unter den Brustgurten. Es hätte tatsächlich aber ein anderes Modell von Polar, Garmin oder Wahoo sein können. Im Premium-Bereich sind die Unterschiede bei der Genauigkeit marginal.
Ergänzend habe ich den Puls auch noch mit dem Rhythm 24 von Scosche aufgezeichnet, der zwar eine unterirdisch schlechte App bietet, aber bei den optischen HR-Sensoren weiterhin zum Besten gehört, was man am Markt finden kann.
Die Vertical zeigt wenig Schwächen. Hier und da gibt es Ausreißer, die es aber bei jeder Uhr in jeder Preisklasse bisher gab. Da gebe ich nicht viel drauf und im Mittel pro Kilometer sind die Spitzen dann geglättet.
Schön zu sehen ist, wie gut mittlerweile die optischen Sensoren funktionieren. Hinkten diese den HR-Brustgurten meist träge hinterher, liegen die Wechsel im Pulsbereich mittlerweile kaum noch auseinander.
Einfach weil ich den Polar H10 zuhause habe, ist der auch bei fast jedem Lauf dabei. Gemessen an den Ergebnissen der Suunto Vertical hätte ich aber wenig Sorge, dass sich die Werte grundlegend unterscheiden.
Wie immer ist die Messung per HR-Optik aber eine sehr individuelle. Trageposition, Tönung und Behaarung der Haut, Tattoos aber auch die Temperatur und die Armbandweite entscheiden über Wohl und Wehe. Ich für meinen Teil bin mit den Ergebnissen zufrieden, auch wenn ich „nur“ mit ihr Laufen war.
Software
Hier und da waren schon ein paar Auszüge aus der Suunto App zu sehen. Sie ist definitiv eine der besseren Umsetzung reiner Sport-Apps.
Mir gefällt der Suunto Coach, auch wenn die Angabe ein wenig textlastig sind.
Die Auswertungen sind ansprechend gestaltet, manchmal ein wenig (technisch) nüchtern. Genauso wie bei der Uhr selbst, setzt Suunto den Fokus der App auf den sportlichen Kern. Wer nicht mehr braucht, der wird daran seinen Gefallen finden.
Natürlich finden sich in der App auf die Aktivitäten unterhalb des Tages, u.a.
- Schritte
- Kalorienverbrauch
- Schlafdauer / -phasen
- Blutsauerstoffsättigung SpO2
- Ressourcen
- Herzfrequenz
Die Daten können direkt auf der Uhr oder in der App eingesehen werden.
Die Anzahl der Schritte kam mir im Vergleich zu Garmin, Polar und Coros ein wenig hoch vor. Nur selten ist der Tageszähler deutlich unterhalb der 10.000 Schritte stehen geblieben, während andere Uhren davon noch ein Stück entfernt waren.
Die Aufzeichnung der Schlafdaten macht für mich einen schlüssigen Eindruck.
Akkulaufzeit
Einen großen Pluspunkt verdient sich die Vertical durch die fantastische Akkulaufzeit. In den drei Wochen habe ich die Uhr nur einmal ans Ladekabel gehangen, aber im Grunde auch nur, weil ich sehen wollte, wie fix sie lädt.
Dank des transflektiven MIP-Displays und des proprietären Betriebssystems geht die Uhr sehr sparsam mit den Ressourcen um.
Nur als Uhr mit optischer HR-Messung genutzt, muss die Vertical erst nach ca. 30 Tagen aufgeladen werden. Fällt pro Tag 3 Stunden lang ausreichend Sonnenlicht (50.000 Lux) auf die Solar-Variante, verdoppelt sich die Akkulaufzeit auf ca. 60 Tage.
Die Sonne muss aber recht direkt auf das Display fallen, um einen Nutzen davon zu ziehen. Schon das leichte Wegdrehen vom direkten Sonnenschein lässt die Solarleistung einbrechen.
Ich würde wie bei anderen Uhren die Ladung per Solar immer als Bonus betrachten. Der Ansatz macht eine gute Uhr noch ein bisschen besser, eine mittelprächtige Uhr aber nicht gut.
Ergebnis des Suunto Vertical Tests
- robustes Design
- transflektives MIP-Display
- hevorragende GNSS-Leistung
- Offline-Karten
- lange Akkulaufzeiten
- überschaubare Anzahl smarter Funktionen
- keine Unterstützung von Emojis
Nach drei Wochen hat die Suunto Vertical wieder den Heimweg zum Hersteller angetreten. Gerne hätte ich sie für kommende Tests und Vergleiche behalten und ich bin tatsächlich am Überlegen, ob ich sie als GNSS-Referenz mir nicht einfach gönnen sollte.
Vom Ansatz erinnert die Suunto Vertical stark an die Premium-Modelle von Polar. Beide Unternehmen suchen ihr Heil im sehr guten, sportlichen Funktionsumfang. An die Breite der Funktionen, wie Garmin sie z.B. mit Fenix 7 Pro, Epix 2 Pro, aber auch mit den Forerunner-Modellen 255 / 265 bzw. 955 / 965 anbietet, kommen beide finnischen Hersteller nicht heran.
Wer auf die Musikwiedergabe vom Handgelenk, kontaktloses Bezahlen, Atemübungen, Apps und eine große Anzahl an Watchfaces verzichten kann, der findet in der Vertical ein ziemlich cooles und konkurrenzfähiges Produkt.
Die Vertical reiht sich vor den Premium-Modellen von Polar ein, rangiert auf Augenhöhe mit Coros und muss nur Garmin aufgrund des breiteren Funktionsangebots ziehen lassen.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Straßenpreise schnell nach unten entwickeln, denn mit 599,00 € bzw. 799,00 € für die Solar-Variante sind Einführungspreise doch recht hoch. Aktuell sind die Uhren bereits ab 525 € und 730 € zu haben. Um Garmin und Coros unter Druck setzen zu wollen, braucht es noch ein bisschen günstigere Preise.
Lässt man den Preis mal außer acht, steht unterm Strich eine hochwertige Sportuhr mit tollem Display, hervorragender GNSS-Leistung und stabiler Software.
Offenlegung / Werbung: Das Produkt wurde mir auf meine Anfrage hin für den Test der/des Vertical Solar von Suunto kostenlos zur Verfügung gestellt. An den Inhalt des Testberichts wurden keine Bedingungen geknüpft. Der Inhalt des Testberichts spiegelt somit vollständig meine eigene, unvoreingenommene Meinung und Erfahrung mit dem Produkt wider.
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