Suunto Wing im Test – Per Knochenschall ab ins Ohr
Suunto bringt einen Kopfhörer auf den Markt – das alleine wäre eine Meldung, die ich am ehesten für eine Aprilscherz gehalten hätte. Der Suunto Wing ist aber Realität und dazu noch ein Kopfhörer der Knochenschall-Technologie nutzt. Ich durfte ihn ausprobieren und testen.
Das finnische Unternehmen Suunto hat sich im Bereich des Sporttauchens, aber auch im Bereich robuster Outdoor-Sportuhren einen Namen gemacht. Aus diesem Grund kam die Vorstellung eines Kopfhörer durchaus überraschend.
Knochenschall – was ist das?
Das Besondere am Suunto Wing ist sicherlich die verwendete Knochenschall-Technologie, bei der der Schall nicht über die Luft und das Trommelfell ins Innenohr gelangt, sondern über die Wangenknochen die Musik in die Ohren zaubern.
Dazu liegen sogenannte Transduktoren vor den Ohren und übertragen die Töne durch Vibration auf die Knochen.
Der große Vorteil dabei ist, dass die Kopfhörer den Schall nicht ausschließen, wie es bei In- oder Over-Ear-Kopfhörern der Fall ist. So kann die Umgebung weiterhin wahrgenommen werden, ja selbst Gespräche sind problemlos möglich.
Unboxing und erster Eindruck
Suunto vertreibt die Wing in einer hübschen, weißen Verpackung, die vom Format an ein dickes Taschenbuch erinnert.
Bilder sagen mehr als 1000 Worte und so macht euch am besten selbst einen Eindruck davon.
Einmal aufgeklappt finden sich auf der linken Seite die Kopfhörer, die bereits in der kleinen Powerbank liegen, die ebenfalls Teil des Gesamtpaketes ist.
In der anderen Verpackungshälfte sind ein Aufbewahrungsbeutel, ein USB-Ladekabel, ein paar Ohrstöpsel und die obligatorischen Druckerzeugnisse (Garantie- und Sicherheitshinweise, Kurzanleitung) versteckt.
Erster Eindruck
Optisch bewegen sich die Suunto Wing nahe an den OpenRun Pro von Shokz. Shokz ist nunmal der Vorreiter und nahezu alle Knochenschall-Kopfhörer zeigen aktuell das Design des Ur-Vaters dieser Kopfhörer-Technologie.
Eine eigene Sprache sprechen die Suunto Wing dann aber doch, denn die Transduktoren kommen in schicker, sportlich roter Farbe daher.
Dass da auch noch der Firmenname draufsteht, spricht mich an, aber ich bin da eh leicht zu begeistern für.
Mit 33 Gramm fällt der Kopfhörer natürlich kaum ins Gewicht.
Die Verarbeitung hinterlässt einen sehr hochwertigen Eindruck. Es gibt einfach nichts zu meckern. Spaltmaße sind so gering, dass man hier gar nicht drüber schreiben muss.
Verglichen mit den OpenRun Pro von Shokz fallen sowohl die Transduktoren als auch die Elektronik-Einheit, die hinter dem Ohr Platz findet ein wenig größer aus. Im Alltag fällt das aber nicht auf.
Dank des soliden Aufbaus ist der Suunto Wing nach IP67 wasser- und staubgeschützt und widersteht damit auch Schweiß.
Tragekomfort
Und der Tragekomfort? Ist hoch und erinnert auch hier stark an die Modelle von Shokz, d.h. die Kopfhörer sitzen kaum spürbar auf den Ohren. Selbst mit Sonnenbrille und Fahrradhelm passt der Suunto Wing problemlos auf den Kopf. Ein bisschen Übung für den „richtigen“ Sitz und vor allem die Reihenfolge, wann was aufgesetzt wird, muss jeder mit sich selbst ausmachen.
Ein klein bisschen kniffliger wird es im Winter, wenn Mützen den Kopf und die Ohren warmhalten sollen. Auch das ist machbar, aber mit kleinen Abstrichen – entweder beim Komfort oder der Temperatur der Ohren.
Wenn etwas zu bemerken ist, dann der recht großzügig dimensionierte Bügel, der die Transduktoren und die Technik hinter dem Kopf verbindet. So passt er jedoch definitiv auf jeden Kopf.
Erste Schritte und Funktionen
Nun gibt es bei einem Kopfhörer nicht so wahnsinnig viel über die Einrichtung zu berichten und so ist das auch beim Suunto Wing: Per Knopfdruck wird der Pairing-Modus gestartet, so dass Zuspieler und Kopfhörer schnell zueinander finden.
Noch schneller geht es per NFC, denn dann brauchen die Suunto Wing nur in die Nähe des NFC-fähigen Zuspielers (z.B. Smartphone oder Tablet) gehalten werden. Die Geräte erkennen die Kopfhörer und fragen automatisch nach, ob diese gekoppelt werden sollen.
Ansonsten gilt es sich kurz mit der Bedienung der Suunto Wing vertraut zu machen. Viel gibt es da nicht zu lernen:
Aktion | bei | wo | Folge |
---|---|---|---|
1x Drücken | Audiowiedergabe | Multi-Taste | Play / Pause |
2x Drücken | Audiowiedergabe | Multi-Taste | nächster Track |
3x Drücken | Audiowiedergabe | Multi-Taste | vorheriger Track |
1x Drücken (lang) | egal | Minus-Taste | LED ein / aus |
1x Drücken | Anruf | Multi-Taste | Anruf annehmen / auflegen |
Steuerung mit dem Kopf
Noch einfacher und für den Sport besonders geeignet, funktioniert die Steuerung per Kopfbewegung. Die muss zwar aktiviert werden und saugt dann den Akku ein bisschen schneller leer, aber per Kopfnicken lässt sich zum nächsten Track springen bzw. ein Telefon annehmen.
Hat man keine Lust oder Puste für ein Telefonat, muss der Kopf nur geschüttelt werden.
Es ist eine coole Funktion, die ich bei den Shokz-Modellen schon vermisst habe. Man muss sich aber auch ein wenig dran gewöhnen, die Bewegung richtig auszuführen. Es muss schon sehr deutlich und sauber ausgeführt sein – ein bisschen so, wie der Blick in die Spiegel bei der Fahrprüfung.
Nach ein bisschen Übung funktioniert das weitestgehend problemfrei und ist wirkliche ein Zugewinn, wenn man die Hände nicht frei hat oder beim Sport nicht am Smartphone oder der Uhr rumfummeln möchte.
Lichtstreifen für mehr Sichtbarkeit
Ein zweites Alleinstellungsmerkmal sind die drei roten LED, die Suunto an beiden Seiten des Kopfhörer angebracht hat und die sich per Knopfdruck ein- und ausschalten lassen.
Für noch mehr Sichtbarkeit sorgt der Wechsel vom Dauerleuchten zum Blinken, das mit verschiedenen Intervallen angeboten wird.
Auch wenn die Lösung an sich eine gute ist, die LED hätten noch ein bisschen heller sein dürfen. Für mein Gefühl der Sicherheit hefte ich mir zusätzlich noch ein Licht an die Mütze oder leuchtendes Band an den Arm.
Telefonieren mit den Suunto Wing
Für mich nicht die primäre Funktionen eines Knochenschall-Kopfhörers aber danke des eingebauten Mikrofons funktioniert sogar das Telefonieren über die Suunto Wing, wenn sie mit einem Telefon gekoppelt sind.
Damit man auch keinen Anruf verpasst, bieten die Kopfhörer zwei verschiedene Klingelmodus – einen normalen für ruhigere Umgebungen und einen lauteren, wenn der Anruf an einem nicht vorbeigehen soll.
Bis 30 km/h sollen die Suunto Wing auch Windgeräusche beim Radfahren unterdrücken können, davon bekommt man selbst natürlich recht wenig mit.
Einsatzgebiete und Tonqualität
Im Normalfall entscheidet die Tonqualität im Wesentlichen über die Güte eine Kopfhörers. Bei Knochenschall-Kopfhörern wollte ich da eine Ausnahme machen, denn hier wird Tonqualität bewusst für mehr Sicherheit geopfert. Weil das mit dem Einsatzgebiet einhergeht, teile ich meine Einschätzung zu beiden Punkten hier gemeinsam.
Soundqualität
Fangen wir mit der Tonqualität an: Wer einen Knochenschall-Kophhörer aufsetzt und eine ähnliche Leistung wie von In-Ear- oder Over-Ear-Kopfhörern erwartet, der wird enttäuscht.
Nüchtern betrachtet schaffen die Suunto Wing (und alle anderen Knochenschall-Kopfhörer) es nicht den Tiefgang ins Ohr zu transportieren, die In- und Over-Ear-Kopfhörer bieten. Die Gründe sind vielfältig, der wesentlichste aber die fehlende Abschirmung von den Umgebungsgeräuschen.
Für diesen Zweck legt Suunto übrigens auch die beiden Ohrstöpsel bei. Einmal ins Ohr gesteckt (alternativ tun es auch die Finger) werden auch Töne ein paar Oktaven tiefer wahrgenommen.
Dass die Suunto Wing bei den Mitten und Höhen schwächeln, ist mir nicht aufgefallen. Der abfallende Tieftonbereich lässt das Klangbild unterm Strich eher flach wirken.
Einsatzgebiete
Aber, und das ist ein großes Aber: Man tauscht hier bewusst musikalische Qualität gegen Sicherheit. Selbst wer nur Joggen im Wald war und Musik über In-Ear- oder Over-Ear-Kopfhörer auf den Ohren hatte, der weiß welchen Schrecken ein überholender Radfahrer verursachen kann.
Ich glaube, ich brauche Situationen im Straßenverkehr hier gar nicht zu beschreiben. Jeder weiß, dass die Ohren frei bleiben müssen, wenn man die eigene Gesundheit schätzt.
Und genau hier setzen eben die Suunto Wing mit der Knochenschall-Technologie an: Das Gehör bleibt für Umgebungsgeräusche offen. Ein herannahendes Auto bekommt man genauso mit, wie eine Fahrradklingel.
Und ganz ehrlich: Wenn ich sportlich unterwegs bin, dann brauche ich Musik für die Kurzweil und nicht für den audiophilen Genuss. Für Podcasts, Hörspiele und Beats für die Motivation sind die Suunto Wing Bombe.
Für den puren Musikgenuss mit feiner Detaillierung und Bühnenbildung gibt es bessere – Produkte und Orte.
Akkulaufzeit
Suunto gibt die Akkulaufzeit mit bis zu 10 Stunden mit einer vollen Ladung an. Dafür hat der Testzeitraum nicht ausgereicht, um den Akku leerzuspielen.
Neigt sich der Akku doch einmal dem Ende zu, versorgt die kleine und recht leichte Powerbank den Kopfhörer mit bis zu zwei weiteren, vollständigen Ladungen.
Und offenbar für mich und viele andere, die gerne vergessen die leeren Geräte rechtzeitig zu laden, versorgt der Schnelllade-Mechanismus den Akku nach 10 Minuten Laden schon mit ausreichend Energie für bis zu drei Stunden Laufzeit. Notfalls gelangt der Stromg auch über das USB-Kabel direkt in die Kopfhörer.
Ich denke, dass sind Dimensionen, die für die allermeisten hier ausreichen sollten.
Ergebnis des Suunto Wing Tests
- sehr guter Klang
- LED-Streifen für mehr Sicherheit
- Steuerung per Kopfbewegung
Der Test des Suunto Wing hat Spaß gemacht. Insbesondere in einem Marktsegment wie dem der Kopfhörer, in dem Innovationen für den Sport oft als begrenzt angesehen werden, hat Suunto mit dem Wing bewiesen, dass auch nicht steter ist als der Wandel.
Die Möglichkeit die Kopfhörer durch Kopfbewegungen zu steuern mag nicht täglich genutzt werden, aber sie ist zweifellos denen von Nutzen, die keine freien Hände haben oder nutzen möchten. Die LED-Lichter an den Seiten tragen insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten zu einer gesteigerten Sicherheit bei.
Und was den Klang betrifft? Er ist für einen Kopfhörer, der solch ein hohes Maß an Sicherheit bietet ein wenig nachrangig und dennoch sehr gut. Vielleicht nicht auf dem Niveau von Dolby, aber mehr als ausreichend für den Einsatz beim Sport.
Mit einem Preis von 199 € liegen die Suunto Wing etwas über den Shokz OpenRun Pro. Doch angesichts der zusätzlichen Features ist dieser Preis durchaus gerechtfertigt. Letztendlich liegt es im Ermessen eines jeden Einzelnen, ob die zusätzlichen Funktionen den Aufpreis von 20 € wert sind.
Ich kann sowohl die Suunto Wing als auch die Shokz OpenRun Pro uneingeschränkt empfehlen.
Offenlegung / Werbung: Das Produkt wurde mir auf meine Anfrage hin für den Test der/des Suunto Wing von Suunto kostenlos zur Verfügung gestellt. An den Inhalt des Testberichts wurden keine Bedingungen geknüpft. Der Inhalt des Testberichts spiegelt somit vollständig meine eigene, unvoreingenommene Meinung und Erfahrung mit dem Produkt wider.
Warum der Beitrag dennoch als 'Werbung' gekennzeichnet ist, könnt ihr unter Kennzeichnungspflicht nachlesen.